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19: In drei Schritten zum passenden ETF - Teil 2

Andy • 6. Februar 2022

Mit ETF kann kostengünstig in Aktien investiert und langfristig eine hohe Rendite erzielt werden. Doch erscheint die Auswahl des richtigen ETF als schwierig – zu Unrecht!

 

Im ersten Teil des Beitrages wurden die Grundlagen zur Auswahl von ETF vorgestellt. Hierbei ist es immer der erste Schritt, sich zunächst einen Index auszuwählen, den der ETF nachbilden soll. Je nach Wunsch des Anlegers, kann hier zwischen Ländern (Deutschland, USA, …), Regionen (Europa, Nord-Amerika, Asien, …) oder bestimmen Themen werden (Nachhaltigkeit, Elektromobilität, Hohe Dividenden, …) unterschieden werden. Hier (Link zu Teil 1) kannst Du die wichtigsten Indizes nachschauen.


Nach der Auswahl des richtigen Indizes geht es nun im zweiten Schritt um die Wahl der passenden Replikationsmethode sowie der Art der Ausschüttung.


Schritt 2: Replikationsart


Passive ETF bilden den ausgewählten zugrundeliegenden Index in einem strikten Maßstab nach. Diese Nachbildung wird als Replikation bezeichnet. Wie bereits oben erwähnt, ist beispielsweise der DAX der Standard-Index für Deutschland. Innerhalb des DAX unterscheidet sich die Gewichtung je nach Größe der darin enthaltenen Unternehmen. Im November 2021 machte das Unternehmen Linde einen Anteil von 11,1% am DAX aus, gefolgt von SAP mit 9,3%, Siemens mit 8,0%, Allianz mit 6,1% und Daimler mit einem Anteil von 4,6% [1].


 

Ein ETF macht also genau das gleiche: Werden beispielsweise 10.000€ in einen DAX-ETF investiert, so fließen davon 1.110€ (11,1%) in Aktien von Linde, 930€ (9,3%) in SAP, 800€ (8,0%) in Siemens, 610€ (6,1%) in Allianz und 460€ (4,6%) in Aktien von Daimler. Die restlichen 6080€ bzw. 60,8% werden auf die restlichen 35 DAX-Unternehmen wie Airbus, BASF oder Infineon entsprechend ihrer Gewichtung verteilt.


Physische Replikation: Vollständig


Nun kommt die sogenannte Replikationsart ins Spiel: Hierbei wird zwischen physischer und synthetischer Replikation unterschieden. Bei physischer Replikation enthält der ETF Bruchstücke der Aktien, die jeweils im Index enthalten sind. Das heißt, die Fondsgesellschaft, die den ETF betreibt, also beispielsweise BlackRock oder Vanguard, kauft über die Börse Aktien für den ETF ein. Kostete etwa eine Linde-Aktie Ende November 280€, werden rein rechnerisch bei einer Anlage von 10.000€ in einen DAX-ETF genau 3,96 Aktien von Linde gekauft, was dem Linde-Anteil am ETF von 1.110€ geteilt durch den Preis pro Aktie entsprechen würde. Das gleiche würde für alle anderen Unternehmen, die im ETF enthalten sind ebenfalls geschehen.


Bei der physischen Replikation unterteilt man zwei Möglichkeiten: Baut der ETF den Index eins zu eins nach, wird dies als vollständige Replikation bezeichnet. Das bedeutet, dass Aktien jedes noch so kleinen Unternehmens des Indizes gekauft und nachgebildet werden. Bei einem Index wie dem DAX, der aus „nur“ 40 verschiedenen Unternehmen besteht, ist dies noch ohne Probleme möglich, da das Unternehmen mit der kleinsten Gewichtung immerhin 0,6% am Gesamtindex ausmacht [1]. Hier ist also verhältnismäßig einfach möglich, den gesamten Index maßstabsgetreu nachzubilden.


Physische Replikation: Sampling oder optimiert


Doch bei einem Index wie dem MSCI World, der knapp 1600 Unternehmen enthält, ergeben sich Unternehmen mit einer Gewichtung von deutlich unter 0,001%. Aktien dieser Unternehmen zu kaufen und den Index maßstabsgetreu nachzubilden ist irgendwann nicht mehr möglich, da die Kauf- und Verkaufsgebühren für diese Mini-Anteile eine Investition unwirtschaftliche machen. Daher bedient man sich hier der Replikationsmethode Sampling. Beim Sampling werden diese mikroskopisch-kleinen Anteile schlichtweg vernachlässigt und der ETF konzentriert sich auf die Replikation der größeren Unternehmen [12]. Eine andere Bezeichnung für das Sampling ist die optimierte physische Replikation.


Auf der linken Seite der Abbildung ist die Zusammensetzung eines beispielhaften Index dargestellt. Aktien der Unternehmen A, B, C und D haben eine nennenswerte Gewichtung. Zugleich gibt es einige weitere Unternehmen, die eine vernachlässigbar kleinen Anteil am Index einnehmen. Diese sind in blau dargestellt.


Auf der rechten Seite ist der ETF dargestellt, der mittels Sampling den Index nachbildet. Die blauen Anteile werden hier also vernachlässigt und Aktien dieser Unternehmen nicht für den ETF gekauft. Stattdessen werden die Anteile der Unternehmen A, B, C und D proportional erhöht.


 

Es kann also vorkommen, dass beispielsweise einige Unternehmen des MSCI World Index nicht berücksichtigt werden und der ETF somit nicht alle etwa 1600 Unternehmen enthält. Dennoch ist diese Replikationsmethode bei großen Indizes enorm sinnvoll, da der ETF dennoch zu mehr als 99% den Index genau nachbildet.


Synthetische Replikation


Die synthetische Replikation hingegen unterscheidet sich von der physischen grundsätzlich. Bei der synthetischen Replikation kauft der ETF nicht die einzelnen Aktien direkt, um den Index nachzubilden. Stattdessen wird der Index mithilfe von Zertifikaten, wie beispielsweise sogenannten Swaps nachgebildet [13]. Zertifikate werden in der Regel von Banken vergeben und beinhalten eine verbriefte Lieferzusage. Wenn also beispielsweise die Deutsche Bank ein Zertifikat zur Lieferung einer Allianz-Aktie ausstellt, dann verpflichtet sich die Deutsche Bank dem Käufer des Zertifikates eine Allianz-Aktie zu liefern, sobald der Käufer dies verlangt. Das bedeutet, dass der Käufer letztlich im Besitz der Allianz-Aktie ist – nur eben mit der Deutschen Bank als zwischengeschaltete Instanz.


Das kann ein kleines, aber sehr gravierendes Detail bei der Auswahl von ETF sein: Denn zu beachten gilt, dass Zertifikate rechtlich gesehen als Schuldverschreibungen gelten. Das bedeutet, dass im Falle einer Insolvenz der begebenden Bank, in diesem Beispiel die Deutsche Bank, das Zertifikat wertlos werden kann. Wenn die Deutsche Bank Pleite machen würde, würden die Zertifikate wie sonstige Schulden der Bank behandelt und müssten von der Insolvenzmasse zurückbezahlt werden. In der Regel reicht die Insolvenzmasse jedoch nicht aus, um alle Gläubiger zu bezahlen.


Bei der Verwendung von Zertifikaten entsteht somit ein sogenanntes Bonitätsrisiko. Das heißt, zusätzlich zum Investitionsrisiko, also der Unsicherheit ob die Aktien von Linde, Allianz, SAP und Co. steigen werden, entsteht eine Unsicherheit, ob die dazwischengeschaltete Instanz, die die Zertifikate begibt, der Lieferverpflichtung der Aktien zu jedem Zeitpunkt nachkommen können wird.


Doch zur Beruhigung: In den allermeisten Fällen geht die Bank, die Zertifikate herausgibt, nicht Pleite. Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel, wie der Zusammenbruch einer der größten Banken der Welt, Lehman Brothers, im September 2008 zeigte [14].


Erwirbt eine Bank oder eine Fondgesellschaft hingegen Aktien im Auftrag des Kunden, beispielsweise in Form eines ETF oder der Einlagerung im Depot, handelt es sich hierbei um sogenanntes Sondervermögen. Da die Bank oder Fondsgesellschaft die Aktien lediglich aufbewahrt aber nicht besitzt, fließen diese Aktien im Falle einer Insolvenz nicht der Insolvenzmasse zu, sondern gehören als Sondervermögen weiterhin dem Kunden. Somit ist der Kunde vor einem Bonitätsrisiko der Bank oder der Fondsgesellschaft geschützt.



Diese Erklärung macht also deutlich, dass durch eine geeignete Wahl der Replikationsmethode ein Bonitätsrisiko vermieden werden kann. Es lohnt sich daher genau hin zu schauen, wie ein ETF den Index nachbildet. Physisch nachbildende ETF haben aufgrund der Kauf- und Verkaufsgebühren der Aktien in der Regel ein wenig höhere laufende Kosten als synthetisch nachbildende ETF. Den Investoren bleibt jedoch selbst abzuschätzen, ob ein Unterscheid von wenigen 0,01% ein mögliches, wenn auch geringes, Bonitätsrisiko rechtfertigt.


Ausschüttung


ETF enthalten eine Vielzahl von Aktien verschiedener Unternehmen. Diese Unternehmen erwirtschaften durch ihre Tätigkeit – hoffentlich – Gewinne. Diese Gewinne können anschließend an die Eigentümer der Unternehmen, also die Aktionäre und in diesem Fall die ETF-Besitzer, ausgezahlt werden. Die Auszahlung von Gewinnen wird als Dividende oder Ausschüttung bezeichnet.


Hierbei gibt es zwei Möglichkeiten, wie der ETF mit den gezahlten Dividenden verfahren kann, nämlich der Ausschüttung oder der Thesaurierung.


Bei der Ausschüttung werden, wie der Name es schon vermuten lässt, Dividenden, die der ETF von seinen darin enthaltenen Unternehmen erhalten hat, schlichtweg weitergeleitet und an die Eigentümer des ETF ausgeschüttet. Das bedeutet, dass pro Anteil des ETF, der Investor eine oder mehrere Auszahlungen pro Jahr erhält. Von dieser Auszahlung werden zunächst Steuern abgeführt und der restliche Netto-Betrag wandert direkt auf das Konto des Investors. Wurden, um im Beispiel zu bleiben 10.000€ in einen DAX-ETF investiert und durch diese Investition 200€ an Netto-Dividenden, also 2% Netto-Dividendenrendite, erwirtschaftet, landen die 200€ auf dem Konto des Anlegers.


Anschließend kann jeder Anleger selbst entscheiden, was mit diesem Geld geschehen soll: Es kann beispielsweise erneut angelegt und neue Aktien oder ETF gekauft werden oder es kann aber abgezogen und „verlebt“ werden für Urlaub, Spaß oder eine bestimmte Anschaffung.


Bei ausschüttenden ETF kommt den Investoren also ein höherer Grad an Entscheidungsfreiheit und Liquidität zu, da sie je nach Lebenslage über die Verwendung der Auszahlungen bestimmen können.


Ganz anders verhält es sich hingegen bei der Thesaurierung: Thesaurierende ETF zahlen nämlich die Dividenden, die sie wiederrum von ihren Unternehmen erhalten haben, nicht aus, sondern legen sie automatisch erneut an. Sie kaufen also weitere Anteile des gleichen ETF. Analog zum obigen Beispiel würden die 200€ bei einem thesaurierendem ETF automatisch in den ebengleichen DAX-ETF reinvestiert, sodass das investierte Kapital zu Beginn des nächsten Jahres auf anwächst 10.200€. Zusätzlich zu möglichen Kurssteigerungen wächst also das investierte Kapital aufgrund der Dividenden von Jahr zu Jahr.


Der Vorteil von thesaurierenden ETF ist ganz klar: Der Investor muss sich nicht mit der Neu-Anlage der Dividenden beschäftigen. Er muss also nicht entscheiden, ob gerade ein günstiger Zeitpunkt ist, mehr Aktien oder ETF zu kaufen und muss darauf aktiv keine Zeit aufwenden. Auch profitiert er vom Zinseszins-Effekt, da im zweiten Jahr auf die 10.200% bereits 204€ an Netto-Dividenden gezahlt würden, im Jahr drei 208€, im Jahr vier 212€. Im Jahr 5 würden 216€ gezahlt und die Gesamtinvestition bereits auf 11.040€ gestiegen sein – zuzüglich zu möglichen Kurssteigerungen!


Somit eignen sich thesaurierende ETF vor allem für Anleger, die sich möglichst wenig mit der Geldanlage beschäftigen möchten. Gleichzeitig muss jedoch klar sein, dass wenn der Investor Geld aus dem ETF abziehen möchte, es nur über einen Verkauf der Anteile geht.


Zwischenfazit und Ausblick


Die Replikationsart ist ein wichtiges Detail bei der Auswahl von ETF. Wenn der Kostenunterschied zwischen physisch und synthetisch replizierenden ETF gering ist, sollten physische ETF bevorzugt werden. Hingegen ist bei der Wahl der Ausschüttungsart die persönliche Präferenz des Investors gefragt: Will er seine Geldanlage wie „im Gleitflug“ betreiben und sich nicht um Wieder-Anlage kümmern, sind thesaurierende ETF die bessere Wahl. Wer jedoch durch die Dividenden eine höhere Liquidität bevorzugt oder aktive Investitionsentscheidungen mag, ist mit ausschüttenden ETF besser bedient.


Im nächsten Beitrag schauen wir uns den letzten Schritt bei der Auswahl von ETF an, nämlich Kosten und Steuern. Melde Dich (hier) im Newsletter an und lasse Dich automatisch informieren, sobald der nächste Beitrag online ist.


Das Quellenverzeichnis zu diesem Eintrag findest Du hier.


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Vielen Dank und viel Spaß beim Weiterlesen,

Dein Andy

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