ETF erfreuen sich seit Jahren großer Beliebtheit und gelten aufgrund der geringen Kosten als ein idealer Weg, um in Aktien zu investieren. Insbesondere unter Einsteigern werden ETF daher förmlich gehypt. In diesem Beitrag vergleiche ich die Vor- und Nachteile von ETF und zeige auf, für welche Investoren sich eher Einzelaktien lohnen könnten.
ETF: Was ist das eigentlich?
Die Abkürzung ETF steht für Exchange Traded Fund, was übersetzt „an der Börse gehandelte Fonds“ bedeutet. Ein Fonds wiederrum ist ein Wertpapier, das Bruchstücke von vielen anderen Wertpapieren enthält. In den meisten Fällen enthalten Fonds Aktien oder Anleihen. Allerdings sind auch Investitionen in Immobilien, Währungen oder Rohstoffe möglich. Ein ETF ist also ein Fonds, der jederzeit über die Börse zu öffentlich einsehbaren Kursen ge- oder verkauft werden kann. Das ist allerdings bei den meisten „klassischen“ Fonds ebenso der Fall, sodass ETF auf dem ersten Blick unspektakulär sind.
Interessant wird es beim genauen Hinsehen: Klassische Fonds werden in der Regel „aktiv“ verwaltet („gemanagt“). Es gibt also einen Fondsmanager samt Team, das unterschiedliche Aktien analysiert und aktiv entscheidet, welche Aktien der Fonds kaufen oder verkaufen soll. Der Fondsmanager verspricht durch sein aktives Handeln mit seinen Investitionen eine bessere Rendite zu erwirtschaften als der Marktdurchschnitt. Und tatsächlich gibt es bekannte Fondsmanager, die sehr erfolgreich sind oder waren, wie etwa Peter Lynch oder George Soros.
In den meisten Fällen jedoch schneiden aktiv verwaltete Fonds langfristig schlechter ab als der Markt. Denn die Fondsmanager und ihre Teams müssen ja schließlich bezahlt werden. Und zwar in guten, wie in schlechten Zeiten. In der Regel betragen die laufenden
Kosten ca. 1-2% pro Jahr. Zusätzlich kommen einmalig
anfallende Kosten hinzu. So wird beim Kauf ein sogenannter Ausgabeaufschlag und beim Verkauf ein Rückgabeabschlag fällig – beides nicht selten in der Größenordnung von jeweils 2-5%.
Geringe Kosten als Vorteil
Die überwiegende Mehrheit der ETF sind als passiv verwaltete Fonds strukturiert. Im Gegensatz zu aktiven Fonds, gibt es hier keinen Fondsmanager, der mit seinem Team den Fonds laufend verwaltet. Die Zusammensetzung des ETF folgt nach festen Regeln und ergibt sich aus weltweit etablierten Börsen-Indizes wie beispielweise dem deutschen DAX, dem amerikanischen S&P 500 oder dem weltumspannenden MSCI World. Diese Indizes werden von ETF im identischen Verhältnis nachgebildet. Die Zusammensetzung eines ETF wird nur
dann verändert, wenn auch der zugrundeliegende Index verändert wird: Fliegt also beispielsweise die Lufthansa aus dem DAX, wie es im letzten Jahr der Fall war, so müssen auch alle ETF, die den DAX nachbilden, ihre Lufthansa Aktien vollständig verkaufen.
Infolge der schlanken Verwaltung ergeben sich sehr geringe laufende Kosten. Die Kosten von ETF werden üblicherweise zu einer Kennzahl, nämlich der
Total Expense Ratio („TER“)
oder Gesamtkostenquote, zusammengefasst (
externer Link zur Erklärung der TER). Die TER gibt die Kosten in Prozent des investierten Betrages wieder. Für besonders beliebte passive ETF liegen laufende Kosten bei ca. 0,1 – 0,5% pro Jahr. Weiterhin entfallen die Einmalkosten in Form von Ausgabeaufschlag oder Rücknahmeabschlag, da ETF für nur wenige Euro mittels (Online-)Broker über die Börse gehandelt werden können. Beides führt dazu, dass ETF in Summe deutlich günstiger sind, als klassische Fonds.
Monatlicher Sparplan und VWL
Es sind eben diese geringen Kosten, die ETF für Sparpläne so attraktiv machen. Mithilfe von monatlich festgelegten Raten können Anleger ihren ETF zu sehr überschaubaren Kosten besparen und so langfristig Vermögen aufbauen. Sparpläne gibt es schon bereits ab 25€, sodass selbst kleine Beträge angelegt werden können. Und Kleinvieh macht über die Zeit bekanntlich auch großen Mist, wie ich bereits in einem früheren Beitrag vorgerechnet habe
(siehe hier).
Darüber hinaus erfüllen ausgewählte ETF die Bedingungen um als eine
Vermögenswirksame Leistung (VWL)
anerkannt zu werden. VWL sind steuerlich begünstigte Zuschüsse, die ihr von eurem Arbeitgeber erhalten könnt. In der Regel sind es 40€, die er für euch monatlich einzahlt. Im Jahr sind es knappe 500€ - es lohnt sich also unbedingt, nachzufragen ob eure Firma VWL anbietet.
(VWL sind auch für andere Anlageformen, wie beispielsweise Bausparverträge, möglich. Doch hier gilt es extrem genau hinzusehen und die anfallenden Kosten zu berücksichtigen!
Unter diesem externen Link hier erfahrt ihr mehr über VWL und wie ihr sie beantragen könnt.)
Nachteile von ETF
Ein struktureller Nachteil liegt in der mangelnden Individualisierbarkeit
von ETF. So ist es für den einzelnen Investor nicht möglich, sich bewusst gegen ausgewählte Aktien zu entscheiden, die in einem ETF enthalten sind. Wer beispielsweise in einen DAX-ETF investiert, wird zwangsweise Mit-Eigentümer vom Kohle-Unternehmen RWE, dem Dieselschummler Volkswagen oder der vielfach skandalgeplagten Deutschen Bank. Wer also aus moralischen Gründen nicht Mit-Eigentümer dieser Unternehmen werden möchte, muss sein Geld woanders anlegen. Oder eben seine Moral verbiegen.
Eine Abhilfe bieten „grüne“ ETF, also ETF die aus Aktien von besonders nachhaltigen
Unternehmen zusammengesetzt sind. Deren Angebot wächst derzeit enorm und obwohl ich diese Entwicklung grundsätzlich befürworte, gilt es hier im Detail hinzusehen: So sind neben des „Greenwashing“ (nicht jedes Unternehmen ist nachhaltig, bloß weil es die Farbe in seinem Logo ändert) die oftmals hohen laufenden Kosten
dieser Spezial-ETF von 1-2% pro Jahr zu bemängeln. Hierzu jedoch in einem separaten Beitrag später mehr.
Ein weiterer, wenn auch der Öffentlich weniger bekannter, Nachteil betrifft die Anbieter von ETF. So wird der Markt für ETF im Wesentlichen von nur drei großen Unternehmen
beherrscht, nämlich BlackRock (bekannt durch ETF der Marke iShares), Vanguard und State Street. Sie kontrollieren 80% des weltweiten ETF-Marktes
[1]. Der Einfluss dieser Unternehmen ist so groß, dass die EU-Kommission in ihnen ein potenzielles Risiko für das gesamte Finanzsystem sieht [2]. Zusammen verwalten sie ein Vermögen von 20,6 Billionen (also 20,6 Tausend Milliarden)
US-Dollar, davon allein BlackRock 9,5 Billionen [3-5]. Das ist fast vier Mal so viel wie das teuerste Unternehmen der Welt, nämlich Apple, derzeit an der Börse wert ist [6]. BlackRock ist nahezu jedem Unternehmen, das in einem Index und damit ETF vertreten ist, größter Aktionär und damit einflussreichster Anteilseigner. Nicht umsonst besagt ein Sprichwort: BlackRock regiert die Welt
[7].
Einzelaktien und deren Vorteile
Bei einem Kauf von einzelnen, individuell ausgewählten Aktien ergibt sich für den Investor die Freiheit, diejenigen Länder, Branchen und Unternehmen herauszusuchen, die seinen Wertevorstellungen entsprechen. Ökologisch bedachte Anleger können in die von ihnen
als nachhaltig eingestuften Unternehmen investieren, während technologie-affine Visionäre andere Unternehmen aussuchen. Gleichzeitig kann hier stärker zwischen Wachstums- und Wert-Aktien differenziert werden. Während erstere ihre Rendite hauptsächlich durch Kurssteigerungen erwirtschaften, ist bei zweiterem die Dividende ein essenzieller Bestandteil der Rendite.
Zudem kann der Investor durch eine weitsichtige und kluge Auswahl von Aktien eine deutlich höhere Rendite erzielen, als der zugrundeliegende Index. Schneidet eine Aktie besser ab als der breite Index, wird dies als Outperformance bezeichnet. Wer zum Beispiel in der Vergangenheit in Aktien von Google, Apple oder Allianz investierte, konnte gegenüber dem Index eine Outperformance erzielen. Hier kommt es also auf das persönliche Urteilsvermögen sowie das richtige Timing der Investition an.
Obwohl es paradox klingt, kann ein Investment in Einzelaktien kostengünstiger
sein, als ein ETF. Denn Aktien haben grundsätzlich keine laufenden Kosten
und die beim Kauf einmalig anfallenden Kosten amortisieren sich, je länger eine Aktie gehalten wird. Kostet also der Kauf oder Verkauf einer Aktie bei eurem Broker z.B. jeweils 0,25% des Ordervolumens, so ergeben sich bei einer Haltedauer von fünf Jahren jährliche Kosten von nur 0,1%. Das ist günstiger, als die meisten ETF.
Risiken von Einzelaktien
Doch die Investition in Einzelaktien hat auch ihre Schattenseiten: Während ETF bis zu mehreren hundert Aktien
enthalten und somit das Investitionsrisiko auf viele verschiedene Unternehmen streuen, ist dies bei einem Depot bestehend aus Einzelaktien nicht möglich. Selbst bei 20, 30 oder gar 50 verschiedenen Aktien ist die prozentuale Abhängigkeit von einzelnen Unternehmen deutlich höher, als bei einem ETF. Wer beispielsweise Wirecard eine große Depotposition hatte, musste Federn lassen.
Weiterhin ist insbesondere für unterfahrene Anleger das richtige Verhalten an der Börse eine große Herausforderung. So neigen Neulinge dazu, sich von der Euphorie anstecken zu lassen und bei besonders hohen Kursen einzusteigen. Sie kaufen dann häufig Aktien, die aktuell besonders im Trend liegen - aktuell wären es sicherlich Wasserstoff-, Krypto- oder Elektromobilitätsaktien. In Krisenzeiten, wenn die Kurse besonders günstig und die Aussicht sehr pessimistisch ist, gehört eine große Portion Mut und eine noch größere Portion Erfahrung
dazu, um gegen die allgemeine Stimmung am Markt Aktien zu kaufen, während der Rest der Welt seine Aktien zu verkaufen versucht.
Fazit
(Passive) ETF sind gegenüber Einzelaktien für den Großteil der Anleger
eindeutig der bessere Weg, um langfristig
in den Aktienmarkt zu investieren. Dies gilt insbesondere, wenn a) der Investor über wenig Anlageerfahrung verfügt, b) relativ geringe Beträge angelegt werden, c) eine hohe Risikostreuung erzielt werden soll oder d) der Investor wenig Zeit aufwenden möchte, um sich mit der Geldanlage zu beschäftigen. Treffen mehrere dieser Gründe zu, sollte zu ETF gegriffen werden. Doch Vorsicht! ETF ist nicht gleich ETF: Es gibt einige wichtige Qualitätskriterien, die bei der Auswahl zu beachten sind. In meinem nächsten Beitrag stelle ich sie vor und zeige Tools, mit denen Ihr den passenden ETF finden könnt.