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09: The Coca-Cola Company – Teil 2

Andy • 20. September 2020
Steigende Gewinne trotz Corona? Das steckt hinter dem Erfolg des Brause-Konzerns!

In der Vorwoche habe ich den ersten Teil der qualitativen Analyse des Unternehmens vorgestellt, das hinter dem weltberühmten Getränk Coca-Cola steht. Bei jeder Analyse ist die Rolle des zugrundeliegenden Geschäftsmodells immer von zentraler Bedeutung. Denn ohne ein Verständnis für das Geschäftsmodell ist die Interpretation von Kennzahlen oder qualitativen Aspekten unmöglich. Falls Du diesen Abschnitt nochmal lesen möchtest, springe zum letzten Beitrag. Dort wurden außerdem die ersten vier Kriterien der qualitativen Analyse vorgestellt. In diesem Beitrag, stelle ich den Rest vor.

B: Der Markt

Ein Teil der qualitativen Bewertung von Unternehmen ist immer die Untersuchung des Marktes, auf dem das Unternehmen agiert sowie seine Stellung auf ebendiesem.

5. Dominante Markstellung durch starke Marken und Produkte
Warren Buffett, der berühmte Value Investor, bezeichnet sie gerne als Burggräben. Unter dem Begriff werden verschiedene Merkmale zusammengefasst, die von Unternehmen gezielt aufgebaut und dazu eingesetzt werden, sich vom Wettbewerb abzugrenzen oder diesen sogar – auf legale Weise – vom Markt fern zu halten.

Die wohl häufigste Art des Burggrabens sind bekannte Marken, Patente und Schutzrechte. Marken verleihen dem Produkt ein Image und sorgen gezielt dafür, dass sich Kunden wegen bestimmter Assoziationen für ein Produkt entscheiden.

The Coca-Cola Company besitzt mit „Coca-Cola“ die mit Abstand wertvollste nicht-alkoholische Getränkemarke der Welt. Der Wert wird auf ca. 71 MRD USD beziffert. Auf Platz zwei liegt mit deutlichem Abstand Red Bull mit einem Wert von ca. 12,7 MRD USD [1]. Die Marke trägt maßgeblich dazu bei, dass Kunden weltweit mit dem Getränk Coca-Cola direkt Qualität und vor allem Originalität verbinden. Sie sind daher eher bereit, gegenüber einem Alternativgetränk einen Aufpreis zu zahlen. 

Ein weiterer Burggraben vom Coca-Cola Konzern ist das sogenannte Coca-Cola System, das ich in dem letzten Beitrag vorgestellt habe. Dieses System ist eine geschickte Kombination von internen und externen Unternehmen, die sich die Aufgaben entlang der Wertschöpfungskette teilen. Prozesse mit hohen Margen bleiben bei Coca-Cola, während diejenigen mit geringer Marge ausgelagert werden. Allein die schiere Größe des Coca-Cola Systems mit 900 Standorten zur Abfüllung weltweit und ein ausgereiftes Vertriebsnetz mit 30 Millionen Verkaufsstellen für verschiedene Produkte aus dem Hause Coca-Cola [2], sind der Inbegriff eines Burggrabens.

Die starke Marke einerseits sowie das Coca-Cola System andererseits sind entscheidend für die Dominanz des Coca-Cola Konzerns. Der Erfolg spiegelt sich auch in den Kennzahlen wieder. So lag im Durchschnitt der letzten 10 Jahre die Nettomarge, also der Gewinn nach Steuern im Verhältnis zum Umsatz, bei Coca-Cola bei 18,4%, während Wettbewerber und der „ewige Zweite“ Pepsi auf gerade mal 10,7% kam [3].

6. Präsenz auf mehreren Märkten und Regionen
The Coca-Cola Company ist heute in über 200 verschiedenen Ländern der Welt aktiv [4]. Die globalen Aktivitäten sind auf insgesamt vier geographische Regionen aufgeteilt und entsprechenden Geschäftsbereichen zugeordnet [5,6]. Der Kernmarkt USA und Nordamerika liefert weniger als 25% zum Nettoergebnis bei [5]. Somit ist das unternehmerische Risiko weltweit verteilt, sodass die Abhängigkeit von bestimmten Wirtschaftsregionen abnimmt. Dies ist für die Stabilität des Unternehmens und des damit erzielten Gewinns extrem vorteilhaft: Besonders deutlich wurde dies während der Corona-Pandemie, als China bereits zum „Normalbetrieb“ überging, während die Pandemie in Europa und Amerika ihren Höhepunkt hatte. Durch seine globale Aufstellung konnte Coca-Cola davon deutlich profitieren, was sich im Gewinn wiederspiegelte: Während die meisten Unternehmen mit Verlusten zu kämpfen haben, konnte The Coca-Cola Company im ersten Halbjahr 2020 den Gewinn nach Steuern von 4,28 MRD USD auf 4,55 MRD USD bzw. um 6,3% steigern [5].

Die nächsten beiden Kriterien (7. Kein oder sehr geringer staatlicher Einfluss auf dem Absatzmarkt und 8. Kein Kartell auf dem Absatzmarkt) können für den Brause-Konzern schnell abgearbeitet werden: Zwar gibt es in der Lebensmittelindustrie hohe rechtliche Auflagen hinsichtlich Qualität- und Hygienestandards, doch steht der Absatzmarkt als Ganzes nicht unter staatlichem Einfluss. Typische Steuerungsgrößen wie Preis und Absatzmenge der Produkte können also durch das Unternehmen festgelegt werden. Zu beachten gilt hierbei jedoch der hohe Wettbewerb der Lebensmittelbranche, was die Preissetzung erschwert. Kartelle existieren hingegen nicht, sodass die dominante Marktstellung aus Wettbewerbsvorteilen, nicht Absprachen resultiert.

C: Der Unternehmenszustand

Wie beim Kauf eines Hauses oder eines Gebrauchtwagens, ist die Bewertung des Zustandes unverzichtbar. Gleiches gilt natürlich für den Kauf von Unternehmen.

9. Kein „Turn-Around“ oder grundlegender Umbau
Der Coca-Cola Konzern wird häufig für den hohen Zuckergehalt in seinen Getränken oder die riesigen Mengen an Plastik- und Verpackungsmüll kritisiert. Und da die Kritik durchaus berechtigt ist, reagiert das Unternehmen entsprechend darauf. So soll beispielsweise der Zuckergehalt langsam, aber kontinuierlich sinken und Rezepturen für neue Produkte getestet werden. Auch Nachhaltigkeit soll in den Fokus rücken.

Die Reaktion des Konzerns auf Kritik oder sich ändernde Marktbedingungen führen zu einer regelmäßigen Weiterentwicklung des Unternehmens und des Geschäftsmodells. Diese Entwicklung läuft kontinuierlich und in kleinen Schritten ab – der fundamentale Wandel in großen Schritten soll also vermieden werden, um Risiken zu beschränken. Stattdessen erfolgen überschaubare Zukäufe und Übernahmen, die das Geschäft stärken und ergänzen, siehe vorheriger Beitrag. Das alles führt dazu, dass sich der Konzern zwar weiterentwickelt, aber sich nicht im Umbau oder gar Turn-Around befindet.

Im Gegenteil: Durch die neue Strategie des seit 2017 amtierenden CEO soll die Rentabilität gestärkt und Wachstum befördert werden. Ersteres geschieht beispielsweise durch das „Killing Zombies“ Projekt, bei dem unrentable Marken und Produkte eingestellt werden [7]. Neues Wachstum soll durch Zukäufe und Expansion in neue Geschäftsbereiche erfolgen, wie etwa das derzeit boomende Kaffeegeschäft. Weiterhin soll auch geographisch eine Expansion stattfinden und insbesondere das Potenzial der Entwicklungsländer ausgeschöpft werden [7]. Die nachfolgende Grafik zeigt eine Einschätzung des Marktpotenzials sowohl für Industrie- als auch Entwicklungsländer. Unterteilt wird in die Bereiche Kalt- und Heißgetränke. Alkoholische Getränke und die nicht-kommerzielle Wasserversorgung gehören nicht zum Geschäftsmodell. Den größten Marktanteil von ca. 20% hat Coca-Cola bei Kaltgetränken in Industrieländern. Logisch, denn das ist historisch bedingt das Kerngeschäft [7]. Die anderen Marktanteile sind jedoch sehr gering, sodass hier von viel Potenzial für Wachstum ausgegangen werden kann.


Zusammengefasst erwartet das Unternehmen auch für die Zukunft stetiges und langfristiges Wachstum. So soll der Umsatz jährlich um 4 bis 6% und der Gewinn pro Aktie sogar um 7 bis 9% gesteigert werden [8]. Wie im vorherigen Beitrag schon beschrieben, konnte durch die neue Strategie der Umsatz- und Gewinnrückgang gestoppt werden.


Die neue Strategie kommt an der Börse extrem gut an. Seit dem Antritt des neuen Vorstandes konnte die Aktie von 42 USD auf 60 USD zulegen, bevor sie durch den Corona-Crash kurzzeitig fiel. Aktuell steht sie wieder bei 51 USD [9]. Neben der Kursentwicklung bringt die Aktie zudem eine hohe Dividende.

10. Gar keine oder nur sehr geringe Verschuldung
Die Verschuldungssituation des Coca-Cola Konzerns ist auf dem ersten Blick widersprüchlich. So machen im Geschäftsjahr 2019 Finanzschulden ca. 37% der Bilanzsumme aus [3]. Im 10-Jahresdurchschnitt lag der Wert bei 29%, was also auf eine zunehmende Verschuldung deutet. Gleiches gilt für die Eigenkapitalquote: Während der aktuelle Wert bei 22% lieg, betrug er im Durchschnitt des letzten Jahrzehnts 31% [3]. Hier ist also ganz klar eine Verschiebung von Eigenkapital hin zu Fremdkapital zu sehen. Mit einem höheren Schuldenhebel soll also die Eigenkapitalrendite gesteigert werden. Ökonomisch eine gute, aber eben auch risikoreiche Idee. Dies ist zunächst einmal nicht positiv.

Doch wenn zur Betrachtung der Schulden zusätzlich die Gewinne herangezogen werden, wird ersichtlich, dass die Schuldensituation unkritisch ist. So gibt Coca-Cola nur 3,4% des EBIT, also des Gewinnes vor Zinsen und Steuern, für Zinszahlungen aus [5]. Das ist ein enorm geringer Wert. Der Wettbewerber Pepsi kommt auf einen dreifach so hohen Anteil.

Wird weiterhin ein das Netto-Fremdkapital, also das Fremdkapital, bestehend aus zinstragenten Finanzschulden sowie Verbindlichkeiten und Rückstellungen abzüglich etwaiger Cash-Beständen, in Verhältnis zum Nettogewinn gesetzt, ergibt sich ein Wert von 8,8 für 2019 und 13,9 für den Durchschnitt der letzten 10 Jahre [3]. Für Pepsi liegen die Werte bei 10,0 und 9,8. Das bedeutet, dass die relative Verschuldung bei Coca-Cola zurückgeht, der Gewinn also stärker Wächst als das Fremdkapital. Die Verschuldung kann also als unkritisch angesehen werden.

11. Angemessene Dividendenpolitik
Ein Unternehmen sollte seine Eigentümer, also die Aktionäre, am Erfolg teilhaben lassen. Das geschieht vorwiegend mit Zahlungen von Dividenden. Und in dieser Disziplin nimmt Coca-Cola eine Musterrolle ein: Seit über 50 Jahren wird kontinuierlich eine Dividende gezahlt. So ist es auch in diesem Jahr, obwohl aufgrund der Corona-Krise viele andere Unternehmen die Dividende kürzten oder komplett gestrichen haben. Der Coca-Cola Konzern schüttet jedoch zuverlässig jedes Quartal den größten Teil seines Gewinns pro Aktie (GPA) aus. Dargestellt ist der Verlauf seit dem Aktiensplitt im Jahr 2013 [3].


In der Regel wird der Gewinn nicht vollständig, sondern nur größtenteils ausgeschüttet. Sodass weiterhin Geld in der Kasse bleibt und Wachstum finanziert werden kann. Eine seltene Ausnahme bildet das Jahr 2017, als der Gewinn wegen eines steuerlichen Sondereffektes zusammenbrach und mehr ausgeschüttet, als erwirtschaftet wurde.

D: Die Eigentümerstruktur

Betrachten wir Kriterien hinsichtlich der Eigentümerstruktur, kann der Punkt „12. Kein staatlicher Einfluss im Unternehmen“ schnell als erfüllt angesehen werden, da das Unternehmen keine staatlichen Aktionäre aufweist. Bei Punkt „13. Langfristig orientierter Kerninvestor“ fällt jedoch schnell auf, dass die Coca-Cola Aktie vor allem bei professionellen Anlegern aufgrund der Kontinuität und Verlässlichkeit beliebt ist. Größter langjähriger Investor ist Warren Buffetts Berkshire Hathaway mit 9,3%, gefolgt von den Vermögensverwaltern Vanguard und BlackRock mit 7,1% bzw. 4,9%.

Des Weiteren kann auch Punkt „14. Keine oder geringe Anteile von Minderheitsaktionären“ schnell als erfüllt angesehen werden. Hierzu reicht ein Blick in die letzten Geschäftsberichte, anhand derer deutlich wird, dass Minderheitsaktionären Gewinne in der Größenordnung von 50 MIO USD abgeführt werden [3]. Dies macht weniger als 1% des gesamten Gewinns aus und ist vernachlässigbar wenig. In Summe kann also der Punkt Eigentümerstruktur als bestanden gewertet werden.

E: Der Preis

Der letzten Punkt der qualitativen Analyse ist „15. Angemessener Preis für die Aktie“. The Coca-Cola Company verfügt über ein ausgefeiltes Geschäftsmodell und eine extrem dominante Markstellung. Der weltweite Bekanntheitsgrad der Marke sowie die daraus resultierende hohe Rentabilität des Unternehmens legen nahe, dass der Preis der Aktie entsprechend hoch sein darf, um dennoch als angemessen und attraktiv gewertet zu werden. Die von der Konjunktur unabhängige Nachfrage nach Getränken machen die Aktie zu einem defensiven Investment mit verlässlichen und nachhaltigen Dividenden. Über die letzten 10 Jahre erzielte die Aktie eine Rendite von 9,9% jährlich, bestehend aus Kurssteigerungen und Dividendenzahlungen. Ein Investment in Coca-Cola kann als Ergänzung zu konjunkturellen Werten dienen. In meinem persönlichen Depot macht die Brause derzeit einen Anteil von ca. 4% aus.

Doch bevor eine Investitionsentscheidung getroffen werden kann, muss grundsätzlich neben der qualitativen Analyse immer auch ein Blick auf die Zahlen geworfen werden. Denn nur mithilfe von harten Kennzahlen kann ein angemessener Preis für ein Unternehmen bestimmt werden. Welche das sind und wie das geht, erfährst Du in den nächsten Beiträgen. Bleib also dran und abonniere den Newsletter, um automatisch über Neuigkeiten informiert zu werden!


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