Von Medizin gegen Kopfschmerzen hin zum weltweiten Kultgetränkt: Das steckt im Unternehmen hinter der berühmten Coca-Cola Brause
In den letzten beiden Beiträgen wurde die qualitative Analyse von Unternehmen thematisiert und insgesamt 15 Kriterien zur Bewertung vorgestellt (siehe Beitrag 06
und Beitrag 07). Doch bekanntlich geht Probieren übers Studieren, daher wird in diesem Beitrag die qualitative Analyse anhand eines realen Beispiels durchgeführt: The Coca-Cola Company.
The Coca-Cola Company: Entstehung und Aufstieg
Hinter den allseits bekannten Marken wie Coca-Cola, Sprite, Fanta, Mezzo Mix oder aber auch innocent, Powerade und Monster Energy steckt ein riesiges Unternehmen: The Coca-Cola Company [1]. Die Wurzeln reichen mehr als 130 Jahre zurück, denn damals wurde das Getränk Coca-Cola als Medizin gegen Kopfschmerzen erfunden und in Apotheken vertrieben. Wenig später wurden das Rezept und die Markenrechte jedoch an einen Geschäftsmann verkauft, der anschließend The Coca-Cola Company gründete und dem gleichnamigen Getränk zum kommerziellen Durchbruch verhalf [2]. Heute vereint das Unternehmen über 500 verschiedene Marken, ist in über 200 Ländern der Welt aktiv und beliefert 2 Milliarden Kunden – pro Tag
[3,4]. In 2019 wurde ein Umsatz von 37,3 MRD USD sowie ein Gewinn nach Steuern
von 8,9 MRD USD erreicht [5]. Kurzum: The Coca-Company ist heute extrem profitabel und der mit Abstand größte Hersteller von nicht-alkoholischen Getränken der Welt. Ein Grund also, sich dieses Unternehmen im Detail anzuschauen!
Hintergrundwissen
Wie bereits erwähnt, existiert das Unternehmen seit mehr als hundert Jahren. In dieser Zeit wurde ein ausgefallenes Geschäftsmodell aufgebaut und immer weiter verfeinert. Heute ist es als „The Coca-Cola System“ bekannt [4]. Die Herstellung von Getränken lässt sich hierbei in zwei Kategorien unterteilen, nämlich Konzentrate und Fertigprodukte. The Coca-Cola Company stellt sowohl die Konzentrate als auch die Fertigprodukte her. Doch während die Fertigprodukte direkt intern im Unternehmen abgefüllt und zum Distributions- und Vertriebsnetz gelangen, werden die Konzentrate zunächst an verbundene oder unabhängige Unternehmen weiterverkauft. Diese Unternehmen werden als Abfüller bezeichnet und sorgen dafür, dass das Konzentrat verdünnt und in Flaschen handelsüblicher Größen abgefüllt wird. Ähnlich wie die Fertigprodukte, gelangen sie abschließend über das Distributions- und Vertriebsnetz zum Endverbraucher [4]. Grundsätzlich lassen sich mit Konzentraten höhere Margen, mit Fertigprodukten jedoch höhere Umsätze erzielen [5].
In der Nahrungsmittelindustrie ist die Unternehmensgröße absolut erfolgsentscheidend. Und genau hier wird deutlich, wieso sich der Konzern in den letzten 130 Jahren erfolgreich etablieren konnte: The Coca-Cola Company arbeitet weltweit mit 225 Abfüllern zusammen und stellt Getränke in über 900 verschiedenen Standorten her [4]. Die Produkte des Unternehmens sind weltweit bei etwa 30 Millionen Verkaufsstellen verfügbar [3]. Insgesamt arbeiten für „The Coca-Cola System“ 700.000 Menschen [3]. Freilich kann das Unternehmen als Riese bezeichnet werden.
Da Größe bei Konzernen aber auch zu Trägheit führen kann und unbedingt vermieden werden soll, hat das „The Coca-Cola System“ eine besondere Raffinesse: Die Abfüllpartner sind größtenteils eigenständige Unternehmen, die lediglich vertraglich oder durch Kapitalbeteiligung an den Coca-Cola Konzern gebunden sind. Ebenso ist es mit der Distribution und dem Vertrieb zum Endkunden [4]. Durch diese Aufteilung kann sich das Unternehmen auf das eigentliche Kerngeschäft konzentrieren und margenschwache Geschäftszweige auslagern.
Schauen wir nun nur auf den Kern des Systems, nämlich The Coca-Cola Company. Das Unternehmen ist aufgeteilt auf drei Bereiche. Erster und gleichzeitig wichtigster Bereich ist das operative Geschäft („geographic operating groups“) [6]. Es ist unterteilt in die vier geographischen Regionen Nordamerika, Südamerika, Europa / Mittlerer Osten / Afrika sowie Asien-Pazifik. Der Heimatmarkt in Nordamerika trägt hierbei den größten Anteil zum Umsatz bei, während sich die anderen Regionen mehr oder weniger ausbalancieren. Interessant ist jedoch der regionale Unterschied hinsichtlich ihres Beitrages zum operativen Ergebnis: So tragen die ausländischen Bereiche, gemessen an ihrem Anteil am Umsatz, deutlich stärker zum Gewinn bei, als der nordamerikanische [5]. Das deutet darauf hin, dass das Unternehmen im Ausland eine stärkere Preissetzungsmacht hat als im Inland – Möglicherweise eine Folge des harten Wettbewerbes mit dem Rivalen und „ewigen Zweiten“ Pepsi.
Der zweite Unternehmensbereich „Global Ventures“ beinhaltet Beteiligungen an anderen Unternehmen, zum Beispiel Monster Beverage, oder vollständig zugekaufte und kontrollierte Unternehmen, die in den Coca-Cola Konzern integriert werden sollen. Hier ist vor allem der letzte Zukauf Costa Coffee zu nennen. Costa Coffee ist nach Starbucks die zweitgrößte Kaffeekette der Welt. Der Zukauf ermöglicht dem Coca-Cola Konzern den Eintritt in das stark wachsende Kaffee- und To-Go-Geschäft. Der Geschäftsbereich Global Ventures trägt wohlgemerkt nur ca. 7% zum Umsatz und ca. 3% zum Gewinn bei, ist also relativ unspektakulär [5]. Dennoch messe ich diesem Bereich eine hohe Bedeutung zu, da hier die zukünftige Wachstumsstrategie umgesetzt wird. Hierzu jedoch später mehr.
Im dritten und letzten Bereich „Bottling Investments“ sind die globalen Beteiligungen des Coca-Cola Konzerns an den Abfüllern zusammengefasst. Je nach prozentualer Höhe der Beteiligung ist diese mit entsprechenden Kontrollmöglichkeiten verbunden. Der Geschäftsbereich trägt zwar etwa 20% zum Umsatz, jedoch nur 3,6% zum Gewinn bei [5]. Obwohl dieses Geschäft also viel Umsatz generiert, ist die erzielte Marge extrem gering. Diese schwache Marge ist wahrscheinlich einer der Gründe, wieso die Abfüllung vorwiegend an andere Unternehmen ausgelagert wird.
A: Geschäftsmodell
Ein Verständnis des Geschäftsmodells sowie ein allgemeines Hintergrundwissen zur Situation des Unternehmens sind zwingend notwendig, bevor die jeweiligen Kriterien der qualitativen Analyse bewertet werden können. Die obige Aufteilung nach Geschäftsbereichen, ihren Anteilen am Umsatz sowie dem Beitrag zum Gewinn bieten hierfür eine solide Grundlage.
1. Stabiles Geschäftsmodell mit prognostizierbarer Entwicklung
Wie bereits erwähnt, besteht The Coca-Cola Company seit über 130 Jahren. In dieser Zeit erfolgten Kriege und viele wirtschaftliche Krisen, die das Unternehmen jedoch stets überstehen konnte. Ursächlich dafür ist die Stabilität des Geschäftsmodells, denn die Nachfrage nach Erfrischungsgetränken stellt ein Grundbedürfnis der Kunden dar und ist nur wenig von der Konjunktur abhängig. Des Weiteren ist die Geschäftsentwicklung sehr gut prognostizierbar, da sowohl der globale Bevölkerungswachstum als auch die entsprechenden Wohlstandsgewinne in vielen Industrie- und Schwellenländern für einen konstanten und kalkulierbaren Zuwachs potentieller Kunden sorgen.
2. Stabile oder wenig schwankende Umsatz- und Gewinnentwicklung
Sowohl die Stabilität als auch Prognostizierbarkeit des Geschäftsmodells werden auch an den erzielten Umsätzen und Gewinnen der letzten zehn Geschäftsjahre deutlich: So schwankte der Umsatz wenig zwischen 34,3 und 48,0 MRD USD [7]. Der erzielte Gewinn nach Steuern schwankte stärker, konnte jedoch ebenfalls als relativ
konstant angesehen werden und lag zwischen 6,4 und 11,8 MRD USD, wenn der Sondereffekt im Jahr 2017 infolge der US-amerikanischen Steuerreform ausgeklammert wird [6]. Grundsätzlich schwanken Gewinne von Unternehmen stärker als ihre Umsätze, da es viele buchhalterische Einflussfaktoren gibt, die zu Ausschlägen in beide Richtungen führen können.
Zusammenfassend können Umsatz- und Gewinnentwicklung als wenig schwankend eingestuft werden. Besonders positiv ist zu betonen, dass der leichte Umsatzrückgang im Jahr 2018 gestoppt werden konnte und das Unternehmen infolge einer neuen Geschäftsführung sowie einer strategischen Erweiterung des Geschäftsmodells wieder wachsende Gewinne verbuchen kann [8].
3. Widerstandsfähigkeit gegen Technologiekonzerne
Es ist extrem unwahrscheinlich, dass technologische Entwicklungen das Bedürfnis nach Erfrischungsgetränken grundlegend verändern werden. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass neue Technologien und die dahinter stehenden Konzerne für The Coca-Cola Company nicht bedrohlich sind. Im Gegenteil: Durch Digitalisierung der Abfüllung und Logistik können Effizienzvorsteile entstehen und Margen gesteigert werden. Der technologische Wandel kann also mehr Chance denn Gefahr sein.
4. Keine übermäßige Übernahmeaktivitäten oder Fusionen
Übernahmen gehören beim Coca-Cola Konzern zur Routine. Nennenswerte Zukäufe fanden beispielsweise im Jahr 2019 statt, als die Kaffeekette Costa Coffee für ca. 5,1 MRD USD übernommen wurde [9]. Im Jahr 2016 wurde das Abfüllgeschäft ausgebaut und für 3,1 MRD USD ein Mehrheitsanteil vom Braukonzern AB Inbev übernommen [2]. In 2014 wurde ein Minderheitsanteil an Monster Beverage, dem Hersteller vom Monster Energy Drink, für 2,1 MRD USD erworben [9].
Die Übernahmeaktivitäten von The Coca-Cola Company sind als sehr positiv zu bewerten. So wird das Geschäft kontinuierlich durch Zukäufe ergänzt, indem beispielsweise neue Marken gekauft werden. Durch Zukäufe in vollständig neuen Geschäftsbereichen, wie etwa dem Verkauf von Kaffee, eröffnen sich zudem neue Wachstumsfelder. Des Weiteren hat der Konzern die Möglichkeit die interne Wertschöpfungskette zu erweitern, indem Anteile an Abfüllern ausgebaut werden.
Obwohl der Konzern häufig zukauft, ist die Höhe der Zukäufe und damit verbundene Risiken absolut unkritisch. So machen selbst große Übernahmen weniger als einen Jahresgewinn von The Coca-Cola Company aus. Hierdurch wird das Risiko einer Fehlübernahme relativiert. Des Weiteren wird das Geschäftsmodell kontinuierlich und inkremental erweitert, nicht disruptiv und fundamental. Das sorgt für eine höhere Prognostizierbarkeit der zukünftigen Entwicklung.
Ausblick
Im zweiten Teil der qualitativen Analyse beschäftigen wir uns mit weiteren Kriterien wie Markt, Unternehmenszustand, Eigentümer und Preis. Abschließend werden zukünftige Chancen aber auch mögliche Risiken für die langfristige Entwicklung des Unternehmens untersucht.