Sobald der
heutige Wert
des Unternehmens bestimmt wurde, wird es einfach: Es gilt lediglich diesen Wert mit dem
heutigen Preis
des Unternehmens zu vergleichen, also dem Aktienkurs. Ist der Aktienkurs
geringer
als der Wert des Unternehmens, kann es gekauft werden. Je höher die Spanne, also die
Sicherheitsmarge
[5], zwischen Wert und Preis, desto
rentabler
und daher sinnvoller ist der Kauf. Da es sich beim Value Investing um Investitionen handelt, gilt es anschließend die gekauften Unternehmen möglichst lange zu halten und von ihrem Erfolg anhand von Dividenden und Kurssteigerugen zu profitieren. Man spricht hierbei von
„Buy and Hold“
– sehr zum Ärger von Banken und Brokern übrigens, die die Kunden zu möglichst vielen Transaktionen animieren und mitverdienen
[6].
Die Unternehmensbewertung ist beim Value Investing elementar für den Erfolg. Daher werde ich Dir im moneyIng. Blog ab dem Beitrag 06 das Vorgehen nach und nach verständlich erklären und anhand von realen Beispielen ausführlich verdeutlichen. Bis dahin sind jedoch noch einige Vorarbeiten notwendig, um mit Dir gemeinsam die richtigen Grundlagen zu schaffen.
Vorteile der Value Investing Strategie
Die Geldanlage nach dem Value Investing Prinzip hat fünf entscheidende Vorteile. Der wichtigste von ihnen ist die
erzielbare Rendite. Wie ich schon erwähnt habe, erwirtschaften die beiden bekanntesten Value Investoren Warren Buffett und Charlie Munger im Schnitt kontinuierlich Renditen von über 20% im Laufe der letzten 50 Jahre. Sie schlagen damit bei Weitem die langfristige Entwicklung des Vergleichsindex S&P 500
[7], vom DAX ganz zu schweigen
[8].
Warum lassen sich also hohe Renditen erzielen? Die Erklärung ist ziemlich einfach: Die Unternehmen, die für das Value Investing in Frage kommen, weisen ein sehr beständiges und widerstandfähiges Geschäftsmodell auf. Sie haben eine dominante Marktstellung und sind mit ihren Marken und Produkten gegenüber ihren Wettbewerbern führend. Durch diese Dominanz weisen sie geringe Verschuldungsgrade auf. Sie können wirtschaftliche Durststrecken, wie beispielsweise die aktuelle Corona-Krise oder die letzte Finanzkrise, viel besser überstehen und sogar ihre Marktanteile ausbauen, während Wettbewerber schwer zu kämpfen haben. Das alles führt dazu, dass sich die Aktienkurse dieser Value Unternehmen langfristig trotz, oder gerade wegen, Krisen sehr positiv entwickeln können.
Ein ausgesprochen gutes Beispiel für eine extrem dominante Markstellung bietet das Softwareunternehmen Microsoft. Microsoft ist bekannt für Produkte der Windows oder Office-Serie, zu der Programme wie Word, Excel oder PowerPoint gehören. Über die letzten Jahrzehnte hat es Microsoft geschafft, sich sehr genau zu positionieren. So laufen heute die meisten Computer auf dem Betriebssystem Windows. Doch viel interessanter ist der Erfolg der Office-Produkte, denn nahezu jedes Unternehmen weltweit
verwendet Teile dieser Software tagtäglich
in ihren Prozessen. Präsentationen ohne PowerPoint, Kalkulationen ohne Excel oder Meetings ohne Teams sind heute undenkbar. Kurzum: Microsoft hat es geschafft, sich für ihre Kunden unverzichtbar
zu machen.
Die Skaleneffekte sind enorm, was dazu führt, dass die Entwicklungs- und Vertriebskosten mit jeder verkauften Lizenz immer geringer werden. Von jedem zusätzlich
umgesetzten
USD bleibt also immer mehr
Gewinn
übrig, sodass Microsoft im letzten Geschäftsjahr einen Gewinn
nach Steuern
von 39,2 MRD USD erzielte
[10]. Des Weiteren erfolgt zunehmend eine Umstellung von Kauf- zu Mietsoftware, bei der die Kunden im Abo-Format monatlich geringe Beiträge zahlen und dafür Produkte von Microsoft nutzen können. Die Folge davon ist, dass die Umsätze konstant sind, tendenziell weniger stark schwanken und somit zu
prognostizierbaren
Gewinnen führen werden.
Diese Dominanz spiegelt sich im Verlauf des Aktienkurses wider. Vor Ausbruch des Corona-Virus lag der Kurs bei etwa 188 USD und fiel auf einen Tiefstand von 136 USD. Doch schon innerhalb weniger Wochen hat sich der Kurs vollständig erholt und steht nun sogar deutlich höher als vor Beginn der Krise
[11]. Das widerstandsfähige Geschäftsmodell und die dominante Markstellung tragen zur positiven Kursentwicklung bei. Und auch die 102,3 MRD USD, die das Unternehmen an Cash Reserven besitzt sind in Krisenzeiten ausgesprochen gute Nervenmittel
[10].
Genial einfach: Hohe Renditen dank dominanter Markstellung!
Erzielte Renditen nutzen jedoch keinem Investor etwas, wenn sie durch hohe Kosten aufgefressen werden. Daher gilt es, diese so gering wie möglich zu halten. Ich unterscheide hierbei zwischen einmalig anfallenden und laufenden Kosten. Bei letzterem angefangen, lohnt sich der Wechsel zu einer Direktbank, die Online-Depots komplett ohne laufende Kosten
anbieten. Einmalig fallen hingen Kosten an, die beim Kauf oder Verkauf
entstehen. Je nach Kostenmodell der Bank, wird ein fester Betrag in Rechnung gestellt oder in Prozent vom Orderwert abgerechnet.
Das Grundprinzip beim Value Investing ist, gekaufte Aktien jahrzehntelang im Depot
zu halten
und
nicht
ständig hin und her handeln. Die
Gesamtkosten
sinken dadurch
immens: Wer zum Beispiel 1000€ investiert und dafür einmalig 10€ für den Kauf bezahlt, hat über einen Zeitraum von 10 Jahren Gesamtkosten von nur 0,1% pro Jahr. Somit ist die Geldanlage nach dem Prinzip des Value Investing deutlich günstiger als passive ETF, die jährlich laufende Kosten von 0,1% – 0,5% aufweisen
[12].
Genial einfach: Kaufen und Liegenlassen spart Kosten.
Anders als junge Unternehmen, zahlen etablierte und substanzstarke Unternehmen einen Teil
ihrer Gewinne als Dividende
an die Aktionäre aus. Unternehmen, die die anspruchsvollen Kriterien für ein Value Investment erfüllen, haben über mehrere Jahre hinweg wenig schwankende Gewinne, was zu kontinuierlichen und verlässlichen Dividendenzahlungen führt. Beispielsweise zahlt der Versicherer Allianz seit 35 Jahren, der Getränkehersteller Coca-Cola sogar seit mehr als 100 Jahren
ununterbrochen Dividenden. Die Zahlungen der Dividenden können dabei einmal oder mehrmals im Jahr erfolgen und stellen für Value Investoren gut kalkulierbare
und verlässliche
Cashflows dar.
Genial einfach: Verlässliche und kalkulierbare Dividendenzahlungen.
Wie die meisten von uns, verbringe auch ich meine Freizeit viel lieber mit meinen Freunden im Biergarten, als ständig Aktienkurse zu vergleichen oder zu überlegen, was ich kaufen oder verkaufen
soll. Daher bietet beim Value Investing der „Buy And Hold“ Ansatz neben der erwähnten Kostenersparnis vor allem den Vorteil des geringen Aufwandes. Demnach machen sich langfristig orientierte Investoren nur einmalig
die Arbeit, ein Unternehmen und dessen Markstellung zu untersuchen. Sie treffen anschließend eine Entscheidung und investieren. Punkt.
Solange das Geschäftsmodell intakt
ist und das Unternehmen weiterhin eine dominante Markstellung
besitzt, halten Value Investoren an ihrem Unternehmen fest, und zwar unabhängig davon, wie die Aktienkurse
gerade schwanken.
Genial einfach: Mehr Zeit für Familie, Freunde und Biergarten dank Buy And Hold!
Der letzte Punkt ist mir persönlich besonders wichtig: Als Aktionär verdient man nicht einfach nur Geld durch Dividenden und Kursgewinne, vielmehr ist man Miteigentümer
eines Unternehmens. Wer sich das bewusst macht, erfreut sich einerseits daran, Produkte oder Dienstleistungen „seines"
Unternehmens überall in der Welt wieder zu erkennen. Wenn ich Menschen mit einem iPhone
telefonieren, eine Coca-Cola
trinken oder einen BMW
fahren sehe, freue ich mich darüber, dass diese Menschen Kunden „meines“
Unternehmens geworden sind und sich bewusst für dessen Produkte entschieden haben. Es entsteht eine Identität
zwischen den beiden Rollen, nämlich der Rolle als Miteigentümer eines Unternehmens und der als finanzieller Investor.
Andererseits kann diese Identität im besten Fall dazu führen, bewusst nicht
in bestimmte Unternehmen zu investieren. Wer beispielsweise gegen Waffen- und Rüstungsgüter ist oder Massentierhaltung ablehnt, wird sein Geld nicht in solche Unternehmen stecken, selbst wenn sie eine noch so hohe Rendite versprechen.
Genial einfach: Identität schaffen, bewusst investieren.
Wie Dich moneyIng. unterstützt
Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir uns intensiver
mit unseren Finanzen und der privaten Geldanlage beschäftigen sollten. Doch das ist gar nicht so einfach. Weil diese Themen nicht auf dem Lehrplan in der Schule standen, wissen viele von uns gar nicht, wie sie anfangen sollten. Das Lesen von Geschäftsberichten und Bilanzen oder die Berechnung von Kennzahlen fallen für Anfänger extrem schwer. Ich weiß wovon ich rede, da ich mehre Jahre gebraucht habe, um zu dahin zu kommen, wo ich heute bin.
Daher wird Dir der moneyIng. Blog die Unterstützung geben, die ich damals nicht hatte: Eine systematische
Einführung
an die Börse und Erklärung der Vorgehensweise
bei der Auswahl und Bewertung von Unternehmen. Nachdem wir im Beitrag 04 und 05 zunächst Vorarbeiten leisten und klären, warum der Erfolg
an der Börse im Kopf
beginnt, werden wir ab dem Beitrag 06 im Detail anschauen, welche Kriterien bei der Auswahl
von Unternehmen zu beachten sind und wie sie geprüft werden. Ich werde Dir jedes Kriterium zunächst in der Theorie
erklären, bevor wir anschließend an realen
Praxisbeispielen börsennotierte Unternehmen gemeinsam und nachvollziehbar bewerten. Fachausdrücke
und Berechnungen
für Kennzahlen erkläre ich Dir ausführlich im Glossar. Also, ich wünsche Dir viel Spaß beim Dranbleiben und Weiterlesen!