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03: Zuckerbrot und Peitsche

Andy • 26. Juli 2020
Warum auch Kleinvieh extrem viel Mist macht und es für Dich enorm wertvoll ist

Wer ein Haus bauen möchte, das die nächsten 30 Jahre und mehr überstehen soll, fängt logischer Weise mit einem soliden Fundament an. Warum sollte es bei der Geldanlage also anders sein? Um an der Börse langfristig erfolgreich investieren zu können, muss zuerst das persönliche finanzielle Fundament errichtet werden. Daher zeige ich in diesem und dem nächsten Beitrag, welche Schritte notwendig sind, um den Grundstein für Deinen finanziellen Erfolg der nächsten Jahrzehnte zu legen.

Um anzukommen, muss man zuerst wissen, wo es überhaupt hin gehen soll. Man braucht ein Ziel und eine Motivation, den Weg zum diesem Ziel zu gehen. Der Weg kann lang und beschwerlich werden, daher ist genügend Motivation zum Durchhalten zwingend notwendig. Für die Geldanlage bedeutet es, dass klar sein muss, welches Ziel die Anlage verfolgen soll und welche Motivation zugrunde liegt. Die häufigsten Ziele sind Altersvorsorge, Aufbau von passivem Einkommen sowie Aufbau oder Erhalt von Vermögenswerten.

Altersvorsorge

Wer regelmäßig einen Teil seines Einkommens spart und langfristig investiert, tut es meistens mit dem Ziel, für sein Alter vorzusorgen. Und so langweilig wie es sich anhört, so enorm wichtig ist es zugleich. Denn das sogenannte Rentenniveau, also das Verhältnis der durchschnittlichen Rente zum durchschnittlichen Gehalt [1], sinkt kontinuierlich. Während es im Jahr 2000 noch bei 52,9% lag [2], beträgt der Wert für 2020 nur noch 47,6% [3] und wird bis 2030 auf 44,3% sinken [3]. Für die Zeit danach sind die Prognosen ungenau, doch ein weiterer Abfall auf unter 40% ist sehr wahrscheinlich, da zukünftig jedem Erwerbstätigen mehr Rentner gegenüberstehen [4]. Zudem steigt der steuerpflichtige Anteil der Rente kontinuierlich an, was dazu führt, dass Renten ab dem Jahr 2040 vollständig versteuert werden müssen [5]. Die folgende Grafik fasst die tatsächliche (blau) und prognostizierte (orange) Entwicklung des Rentenniveaus zusammen.


Mit diesen Zahlen und den offiziellen Prognosen möchte ich keineswegs Panik stiften und erst recht nicht Werbung für Spar- oder Riesterverträge machen, wie sie oftmals Ahnungslosen aufgeschwatzt werden. Was ich vielmehr möchte ist, insbesondere jüngere Menschen zu sensibilisieren, sich mit ihrer Altersvorsorge zu auseinander zu setzen, auch wenn die Rente noch „weit hin“ ist und das Thema ziemlich öde ist. Informiere Dich bitte nicht bei Verkäufern, sondern objektiven und seriösen Quellen wie etwa [6-9]. Spare regelmäßig einen Teil Deines Gehaltes und lege es langfristig, kostengünstig an. Ich bin überzeugt, dass Du dadurch ein solides Fundament für Dein Alter schaffen wirst.

Passives Einkommen

Ein weiteres und sehr beliebtes Ziel der Geldanlage ist es, sich sogenannte passive Einkommensquellen aufzubauen. Anders als aktive Einkommen, wie das Gehalt von Angestellten, muss bei passiven Einkommen für das Geld nicht aktiv gearbeitet oder etwas geleistet werden [10]. Passive Einkommen können beispielsweise aus Lizenzen, Vermietungen oder eben Erträgen aus Kapitalanlagen wie Aktien oder Anleihen entstehen.

Wer bei seiner Geldanlage passive Einkommen generieren möchte, investiert vorwiegend in Dividendentitel. Als Dividendentitel werden solche Unternehmen bezeichnet, die seit Längerem bestehen, ein ausgereiftes Geschäftsmodell haben und am Markt bereits etabliert sind. Da sie größtenteils „ausgewachsen“ sind und für die Expansion keine größeren Investitionen mehr benötigen, zahlen sie regelmäßig einen Teil ihrer Gewinne in Form von Dividenden an die Aktionäre aus. Die Auszahlung erfolgt jährlich, halb jährlich oder quartalsweise. Das Verhältnis von jährlicher Dividendenhöhe zu Aktienkurs wird als (Brutto)-Dividendenrendite bezeichnet und stellt die Verzinsung des eingesetzten Kapitals dar [11].

Da der Kauf von Aktien mit sehr geringen Nebenkosten verbunden ist, kann selbst mit kleinen Beträgen in mehrere verschiedene Unternehmen investiert und somit das Risiko gestreut werden. Dadurch sinkt die Abhängigkeit von einem bestimmten Unternehmen hinsichtlich erwarteter Dividendenzahlungen. Außerdem werden Aktien, anders als etwa vermietete Immobilien, nicht mit geliehenem Geld gekauft. Somit muss kein Kredit getilgt werden und das generierte Einkommen steht dem Investor direkt zur Verfügung.

Vermögensaufbau

Häufig erfolgt die Investition in Aktien aus dem Wunsch nach langfristigem Aufbau oder Erhalt des Vermögens, weil beispielsweise ein Erbe angefallen ist oder ebendieses für die eigenen Kinder vorbereitet werden soll. Denn trotz regelmäßig wiederkehrender Krisen und Abstürzen an den weltweiten Börsen, ist es mithilfe von Investitionen in Aktien langfristig möglich eine sehr hohe Rendite zu erzielen und damit die Inflation, also die stetige Entwertung des Geldes, deutlich zu schlagen [12]. So betrug in Deutschland die Inflation im Durchschnitt der letzten 15 Jahre 1,4% jährlich [13]. Unter Berücksichtigung wiederangelegter Dividenden, stieg im selben Zeitraum der amerikanische Index S&P 500 durchschnittlich 9,2% pro Jahr und der deutsche DAX immerhin um 7,9% - und das trotz der großen Finanz- und Staatsschuldenkrise in 2007 und den Folgejahren [14,15]. Wurden gezahlte Dividenden jedoch nicht reinvestiert, betrug die jährliche Kurssteigerung nur 6,7% respektive bzw. 4,4% [16]. Das heißt, je langfristiger Investoren bei ihrer Geldanlage planen und je geringer ihr Bedarf, Dividenden abzuschöpfen, desto stärker reduzieren sich Verlustrisiko und desto höher ist die erzielbare Rendite.


Vorteile für junge Investoren

Mein persönliches Herzanliegen ist es, junge Menschen zu motivieren, sich mit der Geldanlage zu beschäftigen. Investieren wird in keinem Schulfach behandelt. Daher haben viele ganz einfach keinen Zugang zu diesem Thema. Der erste Schritt ist bekanntlich immer der schwierigste: sich selbst zu überwinden und zu beginnen, Wissen aufzubauen. Ich hoffe mit moneyIng. dazu beizutragen!

Junge Menschen, vor allem Studenten und Berufseinsteiger, haben einen unglaublich mächtigen Freund an ihrer Seite: die Zeit. Denn je größer die Zeit ist, in der das Geld investiert werden kann, desto länger und stärker wird der Zinseszinseffekt genutzt. Werden beispielsweise erhaltene Dividenden erneut angelegt, tragen sie dazu bei, zukünftig noch mehr Dividenden zu generieren. Es entsteht exponentielles Wachstum – sozusagen ein Schneeballeffekt, nur eben im positiven Sinne.

Neben dem Zinseszinseffekt sorgt der lange Anlagehorizont junger Investoren dafür, dass die Gefahr von Wirtschaftskrisen und Börsencrashs deutlich reduziert wird. Denn wer sein Geld erst in 20 oder 30 Jahren braucht, dem bedeuten die täglichen Börsenschwankungen wenig. Auch verliert ein Börsencrash dann seinen Schrecken, da sich die Kurse in den nächsten Jahren erholen können. Vielmehr noch: Krisen können bewusst genutzt werden, um zu günstigen Kursen starke Unternehmen zu kaufen. Wer sein Geld jedoch in wenigen Jahren liquide braucht, der wird von einem Zusammenbruch der Börse hart getroffen.

Genial einfach: Zeit als großer Vorteil junger Investoren!

Drei verdammt gute Ratschläge

Ich rate jedem Leser, die folgenden drei Dinge zu befolgen. Erstens: Es ist wichtig, eine Arbeit zu haben, von der Du gut leben kannst. In diesem Zusammenhang sollte die Bedeutung einer guten Ausbildung oder dem Studium nicht unterschätzt werden, denn das Einkommen aus der Arbeit ist im Leben in der Regel die wichtigste Einnahmequelle. Zweitens: Es ist sehr sinnvoll, sich so früh wie möglich an zu gewöhnen, von diesem Einkommen regelmäßig einen gewissen Teil zu sparen. Wieviel gespart werden kann, muss jeder für sich selbst entscheiden. In Deutschland beträgt die durchschnittliche Sparquote 10,9% vom Einkommen [17]. Doch je nach Lebenssituation kann Deine persönliche Sparquote auch deutlich mehr oder weniger sein: Wer beispielsweise nach dem Studium als Berufseinsteiger bei einem Gehalt von 2000€ noch günstig bei den Eltern oder in einer WG wohnt, sollte keine Probleme, monatlich 200€ oder sogar deutlich mehr, zu sparen. Wichtig ist beim Sparen eine gesunde Balance zu finden zwischen Verzicht und Lebensfreude, damit das Sparen nicht als Belastung empfunden wird und nach einigen Monaten eingestellt wird. Drittens: Als letztes geht es darum, die Ersparnisse langfristig zu investieren. Du solltest einen gewissen Betrag haben, der für schwarze Tage vorgesehen ist. Dieses Geld darf auf keinen Fall investiert werden und muss schnell verfügbar sein. Dieser Notgroschen sollte so hoch sein, dass Du trotz Jobverlust oder Krankheit Deine monatlichen Kosten davon etwa drei bis sechs Monate begleichen kannst. Das gibt Dir Rückendeckung für schwere Zeiten.

Deine restlichen Ersparnisse können an der Börse investiert werden. Bleiben wir bei unserem anfänglichen Beispiel: Wer nach Ausbildung oder Studium mit 25 Jahren beginnt monatlich 200€ zu sparen und das Geld in Aktien investiert, kann langfristig mit etwa 8% pro Jahr rechnen, wie ich eingangs erklärt habe. Nach Steuern (Kapitalertragssteuern und Solidaritätszuschlag betragen 26,38%) und Kosten (0,1% pro Jahr, gemäß Buy and Hold) beträgt die Rendite ca. 5,9%, was dazu führt, dass nach 40 Jahren, also zum Renteneintritt, ein Vermögen von etwa 375.000€ entsteht. Anders als die Rente selbst, ist dieses Vermögen sogar bereits versteuert. Wer das Geld über die nächsten 20 Jahre im Ruhestand aufbrauchen möchte, kann sich monatlich etwas mehr als 1.500€ entnehmen. Es ist eine gigantische Summe, wenn man bedenkt, dass nur 200€ gespart wurden! Werden die 200€ jedoch zinslos auf dem Konto gespart, entstehen nach 40 Jahren nur kümmerliche 98.000€. Dieses Rechenbeispiel zeigt, wie groß der Zinseszinseffekt bei langfristigen Investitionen unterstützt.

Genial einfach: Mit System zum Vermögen!

(Tatsächlich ist das Vermögen sogar noch höher, da a) der effektive Steuersatz infolge von steuerlichen Freibeträgen oder der Günstigerprüfung bei der Steuererklärung sowie Kursgewinnen, die erst am Ende der Laufzeit versteuert werden müssen, deutlich geringer ist und b) die Sparrate von 200€ im weiteren Verlauf des Lebens erhöht wird, wenn man Gehaltserhöhungen bekommt und nominal mehr sparen kann. Aber als Ingenieur schätze lieber immer „zur sicheren Seite“, also nach unten ab.)


Um zu verdeutlichen, wie groß der Einfluss der erzielten Rendite ist, habe ich im Bild für die monatliche Sparrate von 200€ drei Szenarien unterschieden. Bei „schlecht“ beträgt die Rendite vor Steuern und Kosten nur 8%, was eher am unteren Ende der Entwicklung der internationalen Börsen ist. Bei „mittel“ beträgt die Rendite 10%, was sehr realistisch ist. Und bei „gut“ beträgt die Rendite 12%, was ebenfalls realistisch ist, wenn man intelligent investiert und typische Fehler vermeidet, wie ich sie im Beitrag 02 vorgestellt habe. Wie, zeige ich Dir im moneyIng. Blog. Im ersten Szenario stehen nach 40 Jahren 375.000€ nach Steuern und Kosten auf dem Konto, die Deine Rente um 1560€ monatlich aufbessern. Im zweiten Szenario sind es bereits 550.000€ bzw. 2300€ monatlich. Und im dritten Szenario sind es stolze 820.000€, wodurch Dein Ruhestand mit 3400€ monatlich versüßt wird. Und das alles, bei „nur“ 200€ im Monat. Meine zugrundeliegende Berechnung findest Du (hier) und kannst Deine individuelle Sparrate eintragen.

Dieses Beispiel zeigt, dass selbst Kleinvieh extrem viel Mist machen kann, wie es sprichwörtlich heißt. Aber natürlich entsteht dieses Vermögen nicht von alleine. Du musst konsequent sparen und mit Maß Verzicht üben und Du musst fleißig sein, Dich mit Deiner Geldanlage beschäftigen um nicht durch hohe Kosten oder teure Fehler Geld verlieren. Die Belohnung ist ganz klar: ein finanziell sorgenfreies Leben. Zuckerbrot und Peitsche eben.

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